Joseph Strauss: Schimmelforschung
Fachbeitrag von Univ.-Prof. Dr. Joseph Strauss (Universität für Bodenkultur, AIT) zu Neuigkeiten aus der Schimmelforschung
Neuigkeiten aus der Schimmelforschung: Wieso es besser ist, Schimmel im Wohnbereich zu meiden.
Obwohl die meisten von uns Schimmelpilze grauslich finden, sind sie in den überwiegenden Fällen harmlos, und, so seltsam es klingen mag, ja sogar nützlich! Sie produzieren für uns Antibiotika (z.B. Penicillin) und veredeln Käse oder Wein und halten darüber hinaus noch den gesamten natürlichen Nährstoffkreislauf auf diesem Planeten am Laufen. Das war schon vor 1 Milliarde Jahren so und ist heute noch immer der Fall.
Und trotzdem können sie ab und zu Probleme verursachen: wenn die Umgebung feucht ist, kann es bei praktisch jeder Temperatur über dem Gefrierpunkt und auf jeder Oberfläche zu Schimmelwachstum kommen, egal ob an den Fensterdichtungen im Bad oder an den Außenwänden, wenn Kältebrücken existieren. Besonders verdeckte, schlecht durchlüftete Bereiche wie sie unter Vertäfelungen, Fussböden oder hinter dem Kleiderkasten im Schlafzimmer vorkommen, ziehen Schimmelwachstum magisch an. In der Raumluft (zu Hause und am Arbeitsplatz) sollten Schimmelpilze also nicht zu stark vertreten sein, zwischen 50 bis 250 Sporen pro m3 Luft gelten als normal und es sollte nicht eine oder zwei Spezialarten dominieren, sondern das Artenspektrum sollte weit gestreut sein falls Sie das Ergebnis einer eventuell notwendig gewordenen Schimmeluntersuchung bekommen.
Sind die Belastungen im Vergleich zum Außenwert hoch und die Artenvielfalt gering, dann kann es durchaus zu Problemen kommen, denn bei diesen Schimmelpilzen handelt es sich um Spezialisten die sich in großer Menge und extrem schnell ausbreiten können. Ergebnisse aus unserer eigenen Forschung und von internationalen Studien zeigen, dass dann vor allem Allergien stark zunehmen, die nicht immer als Schimmelallergie, sondern häufig als Hausstauballergie diagnostiziert werden. Und es wird sogar vermutet, dass einige Pollenallergien sich in Kombination mit Schimmelsporen verstärken können.
Nicht zu unterschätzen ist auch das Risiko, dass man bei hoher Schimmelpilzbelastung zusätzlichen Giftstoffen ausgesetzt ist. Schimmelpilze, ähnlich wie giftige „Schwammerln“ produzieren nämlich unter bestimmten Bedingungen sogenannte „Mycotoxine“, die für alle Säugetiere leberschädigend, hormonwirksam und sogar krebauslösend sind und uns in allen Lebensbereichen von der Nahrung, im Wasser bis zur Atemluft begegnen können. Über 30.000 solcher von Pilzen gebildeteter Substanzen sind bisher erforscht, allerdings werden die meisten von ihnen nur selten und nur in geringen Mengen gebildet, sodass auch hier im Normalfall keine Gefahr von ihnen ausgeht. Aber auch hier gilt: wenn es zu einer verdeckten oder offensichtlichen „Schimmelblüte“ im Wohn- oder Arbeitsbereich kommt, dann kann auch das Schimmelpilzgift zur Gefahr werden. Ist der Schimmelwert permanent und stark überhöht, bzw. von wenigen Arten dominiert, steigt auch das Risiko einer Allergie oder MycotoxinExposition, mit all ihren gesundheitlichen Folgen.
Durch die modernen Methoden der Genforschung bei Schimmelpilzen finden wir immer wieder neue Substanzen, die in Zukunft als Medikamente vielleicht eine positive, als Giftstoffe leider aber auch eine negative Rolle spielen könnten. Und es müssen auch die Methoden der Schimmelmessung immer wieder verbessert und neu angepaßt werden, auch hierzu laufen intensive Forschungsprojekte an unserem Institut.
Wie immer diese Forschung weitergeht, für uns alle heißt es trotzdem: Schimmelblüten im Arbeits- und Wohnbereich auf jeden Fall vermeiden und bei Verdacht untersuchen lassen. Eine der wichtigsten Präventionsmaßnahmen gegen Schimmel ist es, die Luftfeuchtigkeit im Griff zu halten. Dies beginnt bei der Auswahl der richtigen Baumaterialien, die luftfeuchtigkeitsregulierend wirken, bis hin zum richtigen Lüftungs- und Heizverhalten. Tipp: Ein recht guter Richtwert für die optimale Luftfeuchtigkeit liegt zwischen 40-60% – diese können Sie mittels Hygrometer einfach laufend kontrollieren.
Univ.-Prof. Dr. Joseph Strauss
Universität für Bodenkultur, AIT